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Ein Berufsstand in der Krise: sich türmende Patientenakten, steigende Patientenzahlen, inoffizielle Überstunden und zu lange Bereitschaftsdienste nach Stunden der Arbeit bringen Ärzte derzeit an ihre Belastungsgrenzen. Vor allem die 24-Stunden-Schichten gehen an die Substanz. Dem gegenüber stehen leere Geldtöpfe. Den Kliniken fehlen Personal-Gelder, weil Bund und Länder zu wenig investieren. Die Branche steht knietief in der Krise, Forderungen nach einer Änderung werden verständlicherweise laut und lauter.
Nach der Arbeit ist vor der Arbeit
Der Arbeitsalltag von Ärzten ist geprägt von bedeutungsschweren Entscheidungen. Diese müssen für gewöhnlich schnell getroffen werden. Verständlich daher, dass nach 8 Stunden Arbeit die Luft raus ist. Folgt nach der eigentlichen Schicht aber der Bereitschaftsdienst, zieht sich eine Schicht 24 Stunden in die Länge. Das bedeutet einen ganzen Tag lang auf den Beinen zu sein, Visiten zu machen, Arztbriefe zu schreiben, Akten durchzugehen, Aufnahmen und Entlassungen in die Wege zu leiten und vieles mehr. Mit steigender Stunden-Anzahl nimmt die Müdigkeit zu und es wächst die Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen. – Das ist gefährlich und so stellt sich die Frage, warum diese Regelung eigentlich zulässig ist? Nun, das ist sie nicht.
Bereitschaftsdienst gilt nicht als Arbeitszeit
Halten wir fest: Die Arbeitszeiten für Ärzte sind deutlich zu lang und dadurch steigt die Gefahr Fehler durch Übermüdung zu machen. Möglich ist das, weil der Bereitschaftsdienst vor dem deutschen Arbeitsgesetz nicht als Arbeitszeit gilt. Tatsächlich aber ist es Arbeit, denn als Arzt haben Sie während des Bereitschaftsdienstes, wie der Name schon sagt, Bereitschaft zu gewährleisten; sei es für Notfälle oder schlicht um die Kollegen zu unterstützen bzw. um zuvor Liegengebliebenes aufzuarbeiten. Diese Handhabung verstößt allerdings gegen geltendes EU-Recht (Urteil vom 21.2.18 durch das Bundesarbeitsgericht). Die Problematik besteht aktuell nun darin, dass dieses Urteil nicht konsequent umgesetzt werden, weil es schlicht und einfach an Ärzten bzw. Arztstunden fehlt. (Hier geht es zur Ärztestatistik 2017 durch die Bundesärztekammer.)
Herzlichkeit weicht oft dem Pragmatismus des Praxis-Alltags
Der Arztberuf ist sinnstiftend, ehrbar und erfüllend. Doch weichen Herzlichkeit, Verbundenheit und fachlicher Tiefgang zunehmend dem Pragmatismus des Praxis-Alltags. Oft muss es einfach schnell gehen. Selten bleibt Zeit genug, um den Patienten in seiner Komplexität zu verstehen und um ganzheitliche Ansätze zu verfolgen. Darunter leidet das Miteinander und letztlich das Gemüt aller Beteiligten: Ärzte, Schwestern und Pfleger, genau wie Patienten und Angehörige. Zu oft leidet auch das Privatleben der Ärzte unter dem massiven Zeit- und Energieaufwand, den der Job abverlangt. Aus Zeitmangel bleiben dann auch viele nützliche oder einfach interessante Fortbildungen auf der Strecke, konzentriert wird sich auf jene, die nötig sind. Der Arztberuf scheint dadurch deutlich an Tiefgang und Menschlichkeit einzubüßen. Arzt, ein Beruf der für viele nicht nur wegen vielversprechender Gehaltsaussichten ergriffen wird, sondern gerade aus Passion und Überzeugung, aus Berufung.
Zu wenig Pausen, zu viel Dokumentationsarbeit und Überstunden
Zu den Haupt-Kritikpunkten im Arbeitsalltag der Ärzte zählen Überstunden, die ausufernde Dokumentationsarbeit und der Mangel an Pausen, die tatsächlich gemacht werden. – Erschwerend hinzu kommt, dass gemachte Überstunden teils strukturell unbezahlt bleiben oder gar nicht erst notiert werden. Vor allem als Assistenzarzt werden Sie sich in der Situation wiederfinden, dass man Sie mit Nachdruck darum bittet die angedachten Wochenstunden bei Bedarf auszudehnen und diese zu späterer Zeit “abzubummeln”. Das ist mit Blick auf die Unterbesetzung in vielen Kliniken allerdings nicht immer möglich und so wird man Ihren Einsatz zwar sehr schätzen aber es schlägt sich Ihr Mehr an Arbeit nicht unbedingt auf dem Gehalts- oder Urlaubszettel nieder. Eine Zusammenfassung der Beanstandungen und Wünsche durch Mediziner bietet z. B. der MB-Monitor 2017.
Das Schicksal in die eigene Hand nehmen
Sollten Sie auf Ihrer Station mit einer Arbeitsbelastung konfrontiert werden, die (vor allem auf lange Sicht) unvertretbar ist, dann stecken Sie nicht den Kopf in den Sand. Besprechen Sie sich mit Ihren Kollegen und gehen Sie geschlossen zum Chefarzt. Sollte dieser nichts an der Situation ändern wollen oder können, ist in Erwägung zu ziehen, ob eine sogenannte Gefährdungsanzeige bei der Klinikleitung eingereicht werden sollte. Diese bringt verbindlich zum Ausdruck, dass durch die aktuellen Arbeitspläne bzw. durch die Unterbesetzung Menschen in Gefahr gebracht werden. Eine Verbesserung der Situation wäre absehbar, wenn z. B. folgende Punkte Realisierung fänden:
zusätzliche Assistenten entlasten die Ärzte bei Aufnahme und Entlassung von Patienten sowie bei der Dokumentationsarbeit
auf Station greift man verstärkt auf digitale Lösungen zurück
Bund und Länder investieren mehr in die Krankenhäuser
Krankenhäuser stellen das System der Fallpauschalen in Frage und distanzieren sich von Operationen wie am Fließband
Personaluntergrenzen, nicht nur für ausgewählte Stationen, sondern für alle bettenführenden Bereiche, um zu vermeiden, dass Personal aus einzelnen Stationen abgezogen wird
Eine Systemkrise wie sie derzeit in der Medizin vorherrscht, lässt sich nur mit langem Atem und geschlossener Ärzteschaft angehen. Organisieren Sie sich und stehen Sie unnachgiebig für Ihr Wohl und das der Patienten ein.
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